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Eine Frau, die Kulturen verbindet: Dominique Granoux

Während meines Schiffs-Urlaubs im Indischen Ozean lernte ich Dominique Granoux kennen. Als Lektorin zum Thema „Interkultureller Austausch“ brachte sie uns an Bord der „Mein Schiff 3“ in kurzweiligen Vorträgen anschaulich die Unterschiede zur eigenen Kultur nahe. Ich wollte mehr über die so interessante Deutsch-Französin wissen und konnte sie für ein Interview gewinnen.

Dominique, Hand auf’s Herz: Sind Sie schon mal in ein „kulturelles Fettnäpfchen“ getreten?

Selbstverständlich! An meinem ersten Schultag in Paris mit 16 Jahren habe im Unterricht einen Apfel gegessen, mit den Fingern geschnalzt und wäre um ein Haar vor die Tür geschickt worden!

 

Womit macht man sich in Frankreich noch so richtig unbeliebt?

Nun ja, Käse schneiden ist so ein Problem. Wenn auf der Käseplatte z.B. eine Scheibe Roquefort liegt, sollten Sie niemals den flachen Teil abschneiden. Sie würden dann nämlich das weiche Herzstück mit dem leckeren Edelschimmel für sich allein in Anspruch nehmen, was Ihnen niemand verzeihen würde! Richtig wäre, einen Längsstreifen zu schneiden, der mit dem breiten und dem schmalen Teil eine Art Dreieck bildet...

 

Was ist jeweils das Besondere an der deutschen und französischen Kultur?

Interessant finde ich, dass diese zwei Länder so nah beieinander liegen und doch so unterschiedlich sind. Man kann sich allein schon an den beiden Gesellschaftskonzepten abarbeiten. Frankreich ist ein zentralistischer Staat und Deutschlands Grundlage ist der Föderalismus. So können sich Menschen aus Frankreich kaum vorstellen, dass es 16 unterschiedliche Schulsysteme gibt, während in Frankreich alle Schüler am selben Tag dieselbe Abiturprüfung schreiben!

 

 

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Dominique Granoux wurde 1967 in Deutschland in einem deutsch-französischen Elternhaus, geboren. Der Vater lernte 17-jährig in einer französischen Gastfamilie seine spätere Frau kennen. Das war 1962, ein Jahr vor der Unterzeichnung des deutsch-französischen Freundschaftsvertrages. Im Rahmen dieses Freundschaftsvertrages, auch Elyseevertrag genannt, wurde das Deutsch-französische Jugendwerk gegründet, für das Dominique Granoux seit vielen Jahren hauptamtlich tätig bin. Sie selbst ist in Deutschland zur Schule gegangen, mit 16 Jahren dann für ein Jahr nach Paris. Es gefiel ihr so gut, dass sie entschied, nach dem deutschen Abitur direkt in Frankreich zu studieren. In Montpellier lernte sie ihren französischen Mann kennen. Nach zehn Jahren zogen beide nach Berlin. Die 51-Jährige arbeitet seit 1996 beim Deutsch-französischen Jugendwerk und betreut u.a. einen Grundschullehreraustausch. 2008 machte sie eine Ausbildung zur interkulturellen Trainerin und arbeitet seitdem nebenberuflich z.B. auch für Firmen, die die deutsch-französische Zusammenarbeit verbessern möchten. Sie ist regelmäßig auch als Referentin auf den TUI Schiffen unterwegs.

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Wie war es für Sie, in zwei Kulturen aufzuwachsen?

Ich habe sehr früh gemerkt, dass die Kommunikation meiner Eltern nicht nur von unterschiedlichen Sprachen geprägt war, sondern auch von unterschiedlichen Schwerpunkten in der Kommunikation. Für meinen (deutschen) Vater war es immer wichtig, alles „auszudiskutieren“. Ein Problem lies sich nur dann lösen, wenn man stundenlang darüber sprach. Bei meiner (französischen) Mutter musste man auch mal zwischen den Zeilen lesen können. Ich habe schnell gelernt, mich an die unterschiedlichen Kommunikationsstile anzupassen. So habe ich auch verstanden, dass nicht jede Wahrheit unbedingt ausgesprochen werden muss!

 

In welchen Momenten fühlen Sie Ihre deutschen bzw. französischen Wurzeln?

Ich merke vor allem, dass ich Beides brauche! Ich habe mein Leben letztendlich so gestaltet, dass ich mit meinem französischen Mann in Berlin lebe und in einer deutsch-französischen Institution mit deutschen und französischen Kolleginnen und Kollegen arbeite. Man kann sagen, dass ich jeden Tag genauso viel Deutsch wie Französisch rede. In einem durchweg deutschen oder in einem durchweg französischen Umfeld möchte ich weder leben noch arbeiten, weil mir immer etwas fehlen würde!

 

Warum beschäftigen Sie sich beruflich mit dem Thema des interkulturellen Austausches?

Schon während meines Studiums in Frankreich habe ich den deutsch-französischen Austausch begleitet. So habe ich z.B. im Sommer 1989 erste Gruppen aus der noch-DDR in Frankreich empfangen! Das war sehr spannend, die Wiedervereinigung aus dieser Perspektive zu erleben! Ich habe mich in dieser Mittler-Rolle sehr wohl gefühlt und mich sehr darüber gefreut, dass ich die Möglichkeit hatte, meinen Beruf daraus zu machen! Mit meiner Ausbildung zur interkulturellen Trainerin habe ich mich dann vor zehn Jahren noch weiter in diese Richtung professionalisiert.

 

Wie prägt Ihr Beruf Ihr Privatleben?

Mein Privatleben wird zuerst einmal vom Beruf meines Mannes geprägt. Er ist Künstler und Kurator und hat einen Kunstraum in Berlin. Ich habe ihn z.B. nach Los Angeles begleitet im Rahmen eines Austausches zwischen Kunsträumen aus Berlin und Los Angeles. Für mich war es eine Bereicherung, den Gedanken des interkulturellen Austausches auch auf diese Weise fortzuführen!

 

Wie wichtig ist es, fremde Kulturen zu kennen und zu respektieren, wenn man sich im Ausland aufhält?

Offenheit für Fremdes und Neugier auf Neues ist für mich nur möglich, wenn man darauf verzichtet, vorschnell zu urteilen. „Dreckig“, „laut“, „schön“, „höflich“ sind nicht allgemein gültige Konzepte sondern sehr relativ. Natürlich kann man in einem anderen Land nicht alles richtig machen. Aber man kann vielleicht beobachten: ziehen die anderen Leute die Schuhe aus, bevor sie den Raum betreten? Läuft man auf diesem Teppich oder ist das vielleicht der Esstisch? Und wenn man mal was falsch gemacht hat, kann man sich immer noch mit einem freundlichen Lächeln entschuldigen!

 

Wie viel Mut gehört dazu, sich in fremden Kulturen zu bewegen?

Ich denke, das ist für jede Person unterschiedlich. Wichtig ist es, von Zeit zu Zeit aus der Komfortzone in die Lernzone zu treten, ohne in die Panikzone zu kommen, in welcher man alles zu macht und nichts mehr lernt. Für den einen ist das, fremdes Essen zu probieren. Andere reisen allein in Ländern, die noch nicht durch den Tourismus geprägt sind. Dabei werden auch eigene Grenzen erlebt! Man muss der Verschleierung von Frauen nicht zustimmen, aber man kann sich zumindest mal damit auseinandersetzen, dass es sehr unterschiedliche Traditionen und Arten von Kopf- und Haarbedeckungen mit verschiedenen Bedeutungen und Hintergründen gibt.

 

Was bedeutet Mut für Sie?

Sei ehrlich mit dir selbst und mach was aus dem, was das Leben dir bereithält! Jede Erfahrung, ob sie schön oder schwierig ist, macht uns reicher, wenn wir offen damit umgehen.

 

Wie mutig sind Sie?

Ich bin nicht besonders mutig. Ich mache gerne das, wovon ich weiß, dass ich es kann. Aus dieser Sicherheit heraus suche ich mir dann Herausforderungen, an denen ich wachsen kann.

 

Was bedeutet Glück für Sie?

Das persönliche Glück (Familie, Gesundheit, Beruf) allein reicht nicht. Wir tragen auch Verantwortung für das, was um uns herum passiert!

 

Wie glücklich sind Sie?

Ich bin grundsätzlich ein zufriedener Mensch und freue mich an dem, was ich habe!

 

Wovon träumen Sie?

Konkret könnte ich mir ein Sabbatjahr in einem mir fremden Land gut vorstellen! Ansonsten träume ich davon, dass die Menschheit die großen Herausforderungen wie Klima und Weltfrieden doch noch irgendwie meistert!

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